Die Elektrifizierung der Bahnstrecke Mühldorf – Simbach wird schon seit vielen Jahren gefordert und von der Politik angekündigt, eine Zeitlang dachte man auch, sie sei in „trockenen Tüchern“, aber die Umsetzung steht aktuell wieder auf der Kippe.
Aus diesem Grund hatte der Stadtverein Simbach am Inn bereits Ende Mai zu einer öffentlichen Veranstaltung für die Simbacher Bürgerschaft eingeladen, um über das Thema zu informieren. Dabei wurde klar, dass das Thema nicht nur für Simbach, sondern für die ganze Region drängend ist. Also lud der Stadtverein Mitte Juli die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Landräte und Abgeordnete aller Gemeinden an der Bahnlinie Mühldorf – Simbach bzw. in ihrem Einzugsbereich zu einem Gespräch in den Lokschuppen nach Simbach. Als Expertinnen und Experten berichteten Anke Hering, Projektleiterin für die Strecke zwischen Mühldorf und Simbach, Wilhelm Mack, Vorsitzender des Kundenbeirates der Südostbayernbahn und Matthias Krause, Geschäftsleiter der Südostbayernbahn, über den aktuellen Sachstand.
- Als eines der wichtigsten Verkehrsinfrastrukturprojekte in Bayern soll die Bahnstrecke von München über Mühldorf nach Freilassing bzw. Burghausen (ABS 38) elektrifiziert und zum Teil zweigleisig ausgebaut werden.
- Gleichzeitig wird in Österreich die Mattigtalbahn aus Richtung Salzburg elektrifiziert, sie wird ab dem Fahrplanwechsel 2027/28 elektrisch bis Braunau fahren.
- Die Innkreisbahn von Neumarkt-Kallham nach Braunau soll bis 2029/30 folgen.

Der Ausbau der Strecke Mühldorf – Simbach (Elektrifizierung, zusätzlicher Kreuzungsbahnhof Julbach und Geschwindigkeitserhöhung auf 160 km/h) wurde in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen und dem Projekt ABS 38 zugeordnet. Die Planungen für die bisherige ABS 38 laufen auf Hochtouren, die Hälfte der Abschnitte befindet sich bereits im Genehmigungsverfahren. Aber im neu hinzu gekommenen Abschnitt Mühldorf – Simbach herrscht aktuell kompletter Stillstand, das ABS 38-Team tritt auf der Stelle und wartet schon seit längerer Zeit auf den Planungsauftrag durch das Bundesverkehrsministerium. Es droht daher eine Elektrifizierungslücke zwischen Mühldorf und Braunau am Inn.
Die Vertretungen von Bahn und Kundenbeirat wiesen in ihren Ausführungen deutlich auf die Risiken hin, die sich hieraus nicht nur für Simbach, sondern für die ganze Region ergeben. Ohne den Lückenschluss werden die Gemeinden vom elektrischen Bahnnetz abgehängt. Insbesondere steht dann auch die durchgehende und vor allem für Berufspendler wichtige Verbindung nach München auf dem Spiel. Die Elektrifizierungslücke würde also eine deutliche Verschlechterung der Bahnlinie bedeuten. Aber nicht nur der Personenverkehr ist betroffen, die fehlende Verbindung nach Braunau bringt auch Probleme für den grenzübergreifenden Güterverkehr mit sich.
Umgekehrt bedeutet die Elektrifizierung Entwicklungsmöglichkeiten wie kürzere Fahrzeiten, Verbesserung der Pünktlichkeit und eine attraktive Flughafenanbindung über die Walpertskirchener Spange. Darüber hinaus können dann auch die im Entwurf des Zielfahrplans für den Deutschlandtakt vorgesehenen Verbesserungen umgesetzt werden, wie eine durchgehende Regionalzugverbindung Mühldorf – Simbach – Wels – Linz. Die Strecke ist Bestandteil der kürzesten Verbindung zwischen München und Wien, die insbesondere auf Drängen Österreichs auch im Fernverkehr genutzt werden kann und einen Systemhalt im nahen Knoten Mühldorf erhalten soll. Der Fernverkehr rückt damit deutlich näher an die Region heran.


An die anwesenden kommunalen Vertreterinnen und Vertreter erging der dringende Appell, von allen Seiten auf das Bundesverkehrsministerium einzuwirken, um den Planungsauftrag bis spätestens zum Jahresende zu erwirken. Diese machten durchweg ihre Unterstützung für das Anliegen deutlich, es wurde vereinbart, dass vom Stadtverein Unterlagen incl. eines Musterschreibens an die Gemeinden versandt werden. Die ersten Gemeinden haben auch schon signalisiert, in den nächsten Sitzungen noch vor der Sommerpause Briefe an den Bundesverkehrsminister zu beschließen und zu versenden.
Der Zeitpunkt sei aktuell sehr günstig, erklärte Theresia Nüßlein, Vorsitzende des Stadtvereins. Die Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds sollen in den Ausbau der Schiene fließen, im Koalitionsvertrag ist die Elektrifizierung der Bahn ausdrücklich als Ziel genannt und mit MdB Günther Baumgartner hat die Region aktuell einen Vertreter im Verkehrsausschuss auf Bundesebene.
Es wurden im Anschluss verschiedene Möglichkeiten diskutiert, um das Thema an den richtigen politischen Stellen zu positionieren. Eindrücklich wurde auch ein gemeinsamer Vorstoß der Landräte aus den drei betroffenen Landkreisen Altötting, Mühldorf und Rottal-Inn angemahnt. Die Verbindung nach Österreich soll über den Braunauer Bürgermeister aufgenommen werden. Die ILE-Gemeinden haben Mobilität auf Ihrer Agenda und können ihre Zusammenarbeit nutzen. Eine Online-Petition soll auch Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, ihre Stimme für die Elektrifizierung und damit für eine zeitgemäße Anbindung der Region an das Bahnnetz abzugeben. Ein weiteres Treffen wurde für den September vereinbart. Dieses soll im Infozentrum der ABS 38 in Mühldorf stattfinden.