Besuch in der ambulanten Wohngemeinschaft in Reischach

Im Jahr 2022 wurde in Reischach, Landkreis Altötting, eine ambulant betreute Wohngemeinschaft eröffnet. Der Stadtverein organisierte am 25. Juni 2024 eine Fahrt nach Reischach, um sich aus erster Hand über die Hintergründe und das Konzept informieren zu lassen.

Leben in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft (abWG)

In einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft leben bis zu 12 Menschen mit Pflegebedarf
zusammen. Ein Gremium der Selbstbestimmung, dem alle Bewohner bzw. Ihre gesetzlichen Vertreter
angehören, trifft die Entscheidungen zum Zusammenleben. In Reischach leben 12 Seniorinnen und
Senioren gemeinsam in dem barrierefreien, wohnlich und hell gestalteten Haus. Zu den persönlichen
Zimmern gehören jeweils ein eigenes barrierefreies Bad und eine Terrasse. Es gibt einen großen
gemeinsamen Wohnbereich mit Essplatz und Küche, eine schattige Gemeinschaftsterrasse, einen
Waschraum mit Waschmaschine und Trockner. Und den eigenen „Friseursalon“, die Friseurin kommt
ins Haus. Wer dazu in der Lage ist, darf bei allen Tätigkeiten rund um das Zusammenleben mithelfen.

Ab Pflegegrad 1 ist ein Einzug in die abWG möglich, man kann aber auch mit höheren Pflegegraden
bis zum Abschied dort wohnen bleiben. Rund um die Uhr sind Angestellte des ambulanten
Pflegedienstes in Reischach für die Mieterinnen und Mieter ansprechbar und sorgen sich um´s
leibliche Wohl, um die Wäsche und Reinigung. Für die pflegerischen Tätigkeiten kommen
Pflegefachkräfte des ambulanten Dienstes ins Haus.

Die abWG liegt mitten in Reischach, neben Pfarrheim und Schule. Dadurch sind die Mieterinnen und
Mieter, die alle aus Reischach kommen, auch ins Leben im Ort eingebunden. Viele Vereine und die
Schulen kommen regelmäßig. Beim Fest der Jugendgruppe im benachbarten Pfarrheim sind die
Seniorinnen und Senioren gern gesehene Gäste. Das Bindeglied von abWG zur Gemeinde ist die
dritte Bürgermeisterin und Seniorenbeauftragte Birgit Thumser.

Die Bürgergenossenschaft

Möglich wurde dieses Projekt durch die Gründung einer Bürgergenossenschaft, die das Gebäude
erstellt hat und auch als Vermieter auftritt. Mit viel ehrenamtlichem Engagement in der Planungs-
und Bauphase, aber auch jetzt im laufenden Betrieb wurde das Vorzeigeprojekt möglich.

Satzungsgemäß ist der Bürgermeister 1. Vorstand der Genossenschaft. Vorstandsmitglied Helmut
Vilsmeier berichtete den Besucherinnen und Besuchern, wie die Bürgergenossenschaft aufgestellt ist.

Aktuell hat die Genossenschaft 137 Mitglieder, ein Mitgliedsanteil beträgt 250 €, maximal möglich
sind 40 Anteile, also 10.000 €. Viele Mitglieder haben sich zu einer Einlage von 10.000 € entschieden, einfach um diese Initiative vor Ort zu unterstützen. Jedes Mitglied hat bei der jährlichen
Generalversammlung eine Stimme. Die Gemeinde Reischach ist nicht finanziell beteiligt, aber hat die
Bürgschaft für das Projekt übernommen. Die abWG war das erste Projekt der Bürgergenossenschaft,
dann folgte eine PV-Anlage und geplant ist jetzt ein weiteres Gebäude zum Senioren-Wohnen. Das
Gebäude der abWG wurde finanziert aus den Einlagen der Genossenschaft, mit Fördergeldern des
Landes Bayern (PflegsoNah-Förderung), Fördermitteln der kfW-Bank und einem Bankkredit. Experte
für das Aufspüren von Fördermöglichkeiten ist nach Aussage der Reischacher Gastgeber der
Bürgermeister selber. Das Grundstück ist im Besitz der Kirche und für 99 Jahre auf der Basis von
Erbpacht gepachtet. Vorstand Helmut Vilsmeier betonte wiederholt, dass durch das Fehlen eines
renditeorientierten Investors die Mieten für die Bewohner vergleichsweise niedrig gehalten werden
können.

Drei Soziale Träger arbeiten in direkter Nachbarschaft zusammen

Im Anschluss an den Besuch der abWG besuchte die Gruppe noch die Tagespflege 50
Meter weiter. Auch dort sind Plätze für 12 Gäste vorhanden. Die Tagespflege befindet sich im
ehemaligen Schulhaus des Ortes, das dafür umgebaut wurde. Seit 2020 besteht die Einrichtung in der Trägerschaft der Jacob Friedrich Bussereau Stiftung, die in Altötting auch das Altenheim St. Klara betreibt. Der Simbacher Georg Sigl-Lehner ist Leiter und Geschäftsführer der Einrichtungen, er führte die Simbacherinnen und Simbacher durch die Räume der Tagespflege.

Die Tagespflege wurde während der Coronazeit eröffnet, war schnell vollständig belegt und wird in Reischach sehr gut angenommen.

Auch hier sorgt die Tatsache, dass in den Räumen über der Tagespflege Vereine angesiedelt sind, zu
einer sehr guten Einbindung in den Ort. Da werden die Probezeiten der Musikkapelle schon mal auch
zum Ständchen für die Seniorinnen und Senioren.

Weiterführende Informationen

Die Aktualität des Themas wird deutlich im Programm des Bayerischen Städtetages, zeitlich fast
parallel zu den Veranstaltungen des Stadtvereines: